Der Abdruck des folgenden Artikels erfolgt mit freundlicher Genehmigung des ZENTRALAMT FÜR EDELMETALLKONTROLLE / AUTOREN: Walo Wälchli + Pierre Vuilleumier; Fotos: Urs Bangerter; veröffentlicht in: Aurum No. 24, 1985, Seite 36-45.

Die Edelmetall-Strichprobe

Walo Wälchli und Pierre Vuilleumier

*Abb.1* Walo Wälchli beim Prüfen eines goldenen Schmuckstücks in seinem Basler Labor

Dank ihrer Einfachheit ist die Strichprobe ein sehr beliebtes Verfahren für das Testen von Artikeln aus Gold oder anderen Edelmetallen. Die Autoren zeigen hier im Detail, wie die Versuche durchgeführt werden.

Abb.1 Walo Wälchli beim Prüfen eines goldenen Schmuckstücks in seinem Basler Labor

1 Einleitung

Die Strichprobe zählt zu den ältesten Untersuchungsverfahren für Edelmetalllegierungen; sie waren schon im Jahre 600 v. Chr. zur Kontrolle von Münzen durch Farbvergleiche bekannt. Heute wird sie vor allem von Edelmetallkontroll- und Punzierungsämtern angewendet.
Tagtäglich stehen dort die sogenannten Edelmetallprüfer vor der heiklen Aufgabe, hochwertige Bijouterie,- Juwelier- und Schmiedewaren möglichst zerstörungsfrei auf ihren genauen Feingehalt überprüfen zu müssen.
Die schweizerischen Edelmetallprüfer wenden seit jeher erfolgreich die Strichprobe für die Prüfung von Fertigwaren an. Durch jahrelange, tägliche Erfahrung erreichen sie dabei eine Genauigkeit, die ganz erstaunlich ist. So können Feingehaltsunterschiede von 10 bis 20 Tausendstel mit großer Wahrscheinlichkeit erkannt werden.
Aber auch für den Gold- und Silberschmied und viele andere in der Edelmetallbranche tätigen Personen ist die Strichprobe unentbehrlich, z.B.:

  • Zum Auseinanderhalten von Halbzeugen unterschiedlicher Feingehalte und verschiedener Metalle,
  • zur Unterscheidung von Vollwaren und solchen mit Edelmetallüberzügen,
  • bei Schätzungen des Warenwertes für Versicherungen und Private,
  • zur Herstellung neuer Legierungen aus Altgold und
  • für die An- und Wiederverkäufe von antikem und Occasionsschmuck.

Allerdings zeigt die Praxis, dass die scheinbar einfache Strichprobe oft nicht richtig ausgeführt wird; dies führt dann zu gravierenden Fehlurteilen. Der vorliegende Artikel soll helfen, falsche Probenausführungen und damit verbundene Fehlinterpretationen weit möglichst zu eliminieren.
Die Strichprobe ist jedoch viel zu komplex, als dass sie von der Art von Kochbüchern („Man nehme…“) beschrieben und als Universalmittel für alle möglichen Fälle angewendet werden kann. Sie setzt nämlich eine große Erfahrung und ein profundes fachtechnisches Wissen des Ausführenden voraus, Eigenschaften, die der vorliegende Text nicht vermitteln kann. Deshalb werden hier auch nur die einfachsten Untersuchungsmethoden beschrieben.

2 Anwendungsbereiche und Genauigkeit

Mittels der Strichprobe lassen sich Edelmetallwaren in jeder Form – vom Rohmaterial bis zur feinsten Juwelierware – rasch, ohne wesentliche Beschädigung und bei geringstem Materialverbrauch (eine normale Strichprobe benötigt nur etwa 0,0005 g Material), mit einfachsten Hilfsmitteln und in kürzester Zeit auf ihre materielle Zusammensetzung untersuchen.
Man kann mit ihr nicht nur die vorhandenen Edelmetalle erkennen, sondern meist auch ihren Feingehalt annähernd ermitteln. Zudem erlaubt sie die Unterscheidung von Vollwaren und solchen mit Edelmetallüberzügen. Strichproben liefern nur angenäherte Ergebnisse. Ein geübtes Auge kann im günstigsten Fall Feingehaltsunterschiede von ungefähr 10-20 Tausendstel unterscheiden (exaktere Resultate – bis auf 1 Zehntausendstel genau – liefern analytische Feingehaltsuntersuchungen).

Die Genauigkeit der Strichprobe ist im Wesentlichen von folgenden Kriterien abhängig:

  • von der Erfahrung, der Übung, dem metallurgischen und fachtechnischen Wissen des Ausführenden,
  • von der Art und Zusammensetzung der zu untersuchenden Legierung,
  • von der Qualität der Probiersteine,
  • von der Menge und Beschaffenheit der zur Verfügung stehenden Probiernadel,
  • von der Stärke der verwendeten Probiersäuren und
  • von der Beleuchtung des Arbeitsplatzes.

Verschiedene Legierungen sind für die Strichprobe ungeeignet: Sehr weiche Materialien (z.B. Gold über 0.920) lassen sich auf dem Stein nur schlecht oder überhaupt nicht streichen, sie „schmieren“, sehr harte Legierungen (z.B. gewisse Weißgolde) ritzen den Probierstein.

3 Ausführungen der Strichprobe

Voruntersuchung:

Unterscheidung von Massivwaren und Edelmetallüberzügen
Für die Feingehaltsbestimmung mit der Strichprobe eigenen sich lediglich massive Edelmetalllegierungen. Sobald der geringste Verdacht besteht, dass es sich nicht um eine solche, sondern lediglich um einen Edelmetallüberzug handelt, ist dies vorgängig wie folgt zu überprüfen:

An einer möglichst unauffälligen Stelle des Gegenstandes – mit Vorteil auf einer Kante oder einer Ecke – wird ein Anschliff hergestellt, indem man entweder eine Fläche auf dem Probierstein abstreicht oder mit einem feinen Schmiergelpapierholz (Cabron) wegschleift.
Bereits durch Betrachtung der so hergestellten Anschliffstelle mit der Lupe kann eine Auflage erkannt werden, sofern die Farbe des Basismetalls von derjenigen der Auflageschicht verschieden ist (z.B. Alpaka oder Stahl gelbgoldplattiert, Kupfer versilbert usw.). Ist dies nicht der Fall, so betupft man die Anschliffstelle mit einer geeigneten Probiersäure. Bei Massivwaren erzeugt diese auf der gesamten Angriffsfläche den gleichen Effekt, bei Überzügen jedoch unterschiedliche Reaktionen auf dem Basismetall und der Auflage. (Abb.2)

Abb.2 Das Aussehen einer scharfen Kante an zwei Artikeln nach der Behandlung mit Schmirgelpapierholz

a Massivware

b Edelmetallüberzug I Überzugsmetall II Basismetall

So wird beispielsweise eine gelbe Messinglegierung, die mit einer Farbgoldschichtüberzogen ist, von der Probiersäure für Gold 0,350-0,500 angegriffen. Sie oxidieren und verfärben sich schnell dunkel, während die Goldauflage indifferent bleibt. Allerdings widerstehen auch andere Oberflächenveredelungen dem Säureangriff: goldfarbige Lacke, goldfarbig eloxiertes Aluminium und eingefärbte Metallverbindungen. Ob es sich beim resistenten Überzug auch wirklich um eine Goldauflage handelt, muss deshalb anhand eines chemischen Goldnachweises geprüft werden.
Bei versilberten Gegenständen wird zum Betupfen Kaliumdichromat-Lösung verwendet. Die Silberschicht färbt sich rot, während ein allfälliges Basismaterial nicht mit dem Nachweis reagiert.
Bei relativ dichten Überzügen (z.B. Besteckversilberung) besteht die Schwierigkeit der Untersuchung darin, einerseits den Anschliff so tief vorzunehmen, dass er mit Sicherheit auf ein allfälliges vorhandenes Basismaterial reicht, andererseits aber eine zu starke Beschädigung des Gegenstandes zu vermeiden.

Die Zusammensetzung der Nachweismittel ist in Tabelle 1 beschrieben.

Bemerkung zur Strichprobe:

Nachdem Gewissheit darüber besteht, dass das Prüfstück ganz aus Edelmetall besteht, wird die Strichprobe vorgenommen. Dabei ist folgendes zu beachten:

  • Die Abriebfläche ist so zu wählen, dass der Gegenstand möglichst wenig beschädigt wird. Es dürfen aber auf keinen Fall die Strichproben verfälschende Lötstellen gestrichen werden.

  • Bei Silberwaren können allfällige Oberflächenbehandlungen die Strichprobe verunmöglichen: Dicke Vergoldungen, Vernickelungen oder Verchromungen müssen vorgängig mit Schmirgelpapierholz oder einer feinen Nadelfeile entfernt werden. Schutzlackschichten können ebenfalls stören; man feilt oder schabt sie weg oder entfernt sie mit Azeton.
  • Nur sehr dünn und deshalb ohne Einfluss auf die Strichprobe sind Fertigvergoldungen auf Farbgoldlegierungen, dünne Vergoldungen auf Silberwaren und Rhodierungen auf Weißgold, Silber oder Platin.

Ausführungstechnik der Strichprobe

Zuerst wird der Probierstein gleichmäßig leicht eingefettet (dazu eignet sich am besten das eigene Hautfett). Anschließend zieht man mit dem zu untersuchenden Gegenstand Striche, wobei das Streichen durch starkes und gleichmäßiges Aufdrücken des Materials auf den Stein zu erfolgen hat. Die dermaßen erzeugten 2-3 cm langen Linien sollen sich regelmäßig und vollständig aneinander anschließen, so dass auf dem Probierstein eine geschlossene, 0,3-0,5 cm breite Metallfläche entsteht. (Abb.3)

Die Strichprobe ist hauptsächlich eine Vergleichsmethode. Man streicht deshalb neben die Metallfläche des Prüfstücks immer eine in der Zusammensetzung bekannte Testlegierung (eine sogenannte „Probiernadel“) von möglichst gleichem Feingehalt und – bei Gold – gleicher Farbe (Abb.4). Die Strichfläche der Probiernadel muss derjenigen des Gegenstandes sowohl in der Dimension als auch in der Stärke entsprechen (Abb.5).

Abb. 3-5
3 der Prüfer beim Streichen des zu prüfenden Gegenstandes
4 der Prüfer streicht die Testlegierung neben den Strich des Gegenstandes
5 Links der Strich des Gegenstandes, daneben derjenige der Testlegierung

Bei Silberstrichproben vergleicht man die beiden Strichflächen visuell miteinander: Je heller, resp. Weißer die Farbe, desto höher der Feingehalt.

Bei Goldstrichproben wird wie folgt weiterverfahren: man bestreicht die Strichfläche mit einer passenden Probiersäure (Abb. 6). Diese Säure greift die in der Legierung enthaltenen Beimetalle (bei Farbgold meist Silber und Kupfer) an (Abb. 7). Nach genügend langem Einwirken lassen wird die Säure sodann von beiden Strichflächen gleichzeitig mit Fließpapier weggesaugt (Abb.8).

Abb.6 Die beiden Striche werden mit Probiersäure bestrichen

Durch visuelles Vergleichen der Säureangriffe ist es möglich, den Feingehalt annähernd zu bestimmen (Abb.9). Verschieden starke Angriffe unterscheiden sich meist deutlich und scharf durch ihre mehr oder weniger dunkle Färbung:
Je niedriger der Feingehalt, desto dunkler der angegriffene Teil der Strichfläche. Gleichzeitiger und gleich starker Angriff der Strichflächen lässt auf benachbarte Feingehalte schließen (Abb.10-12).

Es ist wichtig zu wissen, dass Probiersäuren immer auf einen beschränkten Feingehaltsbereich, nie aber auf einen bestimmten Feingehalt einwirken! Es ist nicht möglich, eine Probiersäure so exakt einzustellen, dass sie beispielsweise gegenüber Gold 750 und darüber völlig indifferent bleibt, alle unter Gold 750 liegenden Legierungen dagegen deutlich angreift.

Abb. 7 und 12

7 Die Säure greift die Striche unterschiedlich stark an
8 Die Säure wird mit einem Filterpapier abgesaugt

Abb. 9 und 10

9 Es zeigt sich, dass der Strich des Gegenstandes liks viel strärker von der Säure angegriffen wurde als derjenige der Testlegierung
10 So deutlich tritt der Feingehaltsunterschied zwischen einer 14- und 18-karätigen Legierung hervor

Abb.11 und 12

11 Das Bild zeigt, von links nach rechts, die Striche von Gold 0,700, Gold 0,720 und Gold 0,750
12 Diese drei Striche, in der Mitte die unbekannte Legierung, links und rechts die Testlegierungen, sind sowohl in Bezug auf den Säureangriff als auch in Bezug auf die Farbe identisch. Aufgrund dieser Strichprobe kann man sagen, dass der Gegenstand aus einer Goldlegierung im Feingehalt von 0,750 besteht.

4 Hilfsmittel der Strichprobe

Aus dem vorher gesagten geht hervor, dass zum Streichen von Edelmetalllegierungen lediglich ein Probierstein, Probiernadel und -säure sowie Fließpapier benötigt werden (Abb.13 und Tabelle 2).

Abb.13 Das ist die Ausrüstung für die Strichprobe: Probiersteine, Strichnadeln, Probiersäuren und Fließpapier.

Probiersteine

Jahrelang war die Beschaffung brauchbarer Probiersteine ein großes Problem, denn die am besten geeigneten natürlichen Steine, entweder schwarze Kieselschiefer (sogenannte „Lydite“) oder rotbraune Radiolarite, sind im Handel nicht erhältlich, und die bis vor kurzem ausschließlich verkauften Keramik- oder Glasplatten, stellen einen sehr mangelhaften Ersatz dar.
In neuester Zeit sind aber glücklicherweise Probiersteine z.B. aus eingefärbtem schwarzem Achat, erhältlich, die den natürlichen Steinen qualitativ sehr nahe kommen.
Gute Probiersteine sind gleichmäßig tiefschwarz oder dunkelrot gefärbt, haben keine Adern und Flecken, sind feinkörnig, säurefest und genügend hart. Die Oberfläche darf nur matt geschliffen, nicht poliert sein, da sonst die Striche auf dem Stein nicht haften.

Behandlung der Probiersteine:

Vor Gebrauch muss der Stein leicht eingefettet werden. Am besten eignet sich dazu das eigene Hautfett, das man sich z.B. von der Stirne abstreicht. Auf ungefetteten Steinen wird zu viel Material abgetragen, außerdem nehmen sie die Striche nur schwer und unvollkommen an.
Probiersteine sind immer wieder verwendbar; sie lassen sich durch vorsichtiges Abreiben mit einem Korken und einem feinen, nicht ritzenden Scheuermittel unter Wasserzugabe leicht reinigen. Säure sollte zum Entfernen der alten striche nicht verwendet werden; dagegen ist es empfehlenswert, die gereinigten Steine von Zeit zu Zeit über Nacht in verdünnter Ammoniaklösung einzulegen, um übermäßiges Fett zu entfernen.

Probiernadeln

Die bei der Strichprobe erforderlichen Vergleichslegierungen von bekannter Zusammensetzung kommen in Form von Probiernadeln oder Probiersternen in den Handel. Je höhere Ansprüche an die Genauigkeit der Strichprobe gestellt werden, desto mehr Vergleichsnadeln in den verschiedensten Feingehalten müssen zur Verfügung stehen. Für die Goldstrichprobe genügen Nadeln in den unterschiedlichen Goldfeingehalten allein nicht, es müssen im gleichen Feingehalt auch Legierungen verschiedener Farben vorliegen (Abb.14).

Abb.14 Ein sogenanntes Probierspiel, d.h. eine Zusammenstellung von Probiernadeln gleichen Feingehalts, hier Gold 0,750, aber mit unterschiedlicher Farbe.

Probiersäuren und Nachweismittel

Die Säurelösungen, welche für die Goldstrichprobe verwendet werden, dürfen die Striche nicht zu heftig und zu stark angreifen, da sonst das Erkennen kleiner Feingehaltsunterschiede verunmöglicht wird.
Goldprobiersäuren bestehen im Wesentlichen aus Salpetersäure unterschiedlicher Stärke, mit oder ohne Chlorid- (Kupfer- oder Natriumchlorid) resp. Salzsäurezusätzen.
Goldprobiersäuren sind unbeschränkt haltbar, sie zersetzen sich nicht. Allerdings nimmt die Angriffsstärke im Laufe der Zeit zu, weil das darin enthaltene Wasser verdunstet; die Prüfsäuren müssen deshalb von Zeit zu Zeit durch die tropfenweise Zugabe von destilliertem Wasser wieder auf die ursprünglichen Stärke eingestellt werden.
Die Ermittlung des Feingehalts von Silberlegierungen erfolgt meist nur durch Vergleichen der Farben der Strichflächen. Probiersäuren werden ganz selten und nur in speziellen Fällen verwendet. Zum Nachweis des Silbers dient die rote Probiersäure, die aus Kaliumdichromat-Lösung und Schwefelsäure besteht, oder eine Salzsäure enthaltende Goldprobiersäure.
Zur Unterscheidung von Platin, Weißgold, Palladium und Stahl ist eine auf Kaliumjodid-Basis hergestellte Säure in Gebrauch.

Fließpapier

Zum Absaugen der Säure vom Probierstein verwendet man dickes Fließpapier. Die gebrauchten, mit Säure getränkten Stellen schneidet man jeweils mit der Schere ab oder wirft das ganze Fließpapier weg.

5 Anmerkungen zur Goldstrichprobe

Der wenig Erfahrene sollte sich auf das Streichen von Goldlegierungen in den Feingehalten zwischen 0,375 und 0,750 beschränken. Die besten Resultate erreicht man mit Gold 0,750; die Genauigkeit nimmt mir sinkendem Feingehalt ab. In tiefen Feingehalten um 0,375 und darunter ist es oft sogar schwierig zu erkennen, ob es sich wirklich um eine Gold- und nicht etwa nur um eine Unedelmetalllegierung handelt. Hier bringt lediglich der qualitative, chemische Goldnachweis absolute Klarheit.

Der Nachweis des Goldes

Als Nachweismittel dient eine Zinnchlorid-Lösung (SnCl2): der Strich auf dem Probierstein wird mit Königswasser betupft. Nach dem vollständigen Auflösen der Legierung wird die Säure mit Fließpapier aufgesaugt und die feuchte Stelle mit Zinnchlorid-Lösung versetzt. Gold wird durch das Entstehen einer hell- bis dunkelvioletten, zackigen Krone von kolloidalem Gold angezeigt, dem sogenannten „Cassiusschen Goldpurpur“ (Abb.15-17).

Abb.15 und 16

15 Nach Behandlung des Strichs mit verdünntem Königswasserist deutlich der dunkelbraune Goldrückstand zu erkennen.
16 Dieser Goldrückstand wurde mit starkem Königswasser aufgelöst und die Flüssigkeit mit einem Fildterpapier aufgesaugt.

Abb.17 und 18

17 Nach Behandlung mit Zinnchlorid hat sich der Cassiussche Goldpurpur gebildet.
18 Typische Gasblasenentwicklung bei Rotgoldlegierungen

Strichprobe von farbigen Goldlegierungen (Rot-, Gelb- oder Grüngold)

  1. Es ist für den Ungeübten recht schwierig, den richtigen Zeitpunkt für das Absaugen der Säure zu wählen:
    wartet man damit einerseits zu lange ab, so erfolgt ein zu starker Angriff; die behandelten Stellen verfärben sich dunkel und die während der Einwirkung der Säure beobachteten Feingehaltsunterschiede sind infolge der stark oxidierten Angriffsfläche nicht mehr erkennbar.
    Andererseits führt zu schnelles Absaugen zu Fehlurteilen, insbesondere in den Feingehalten von 0,585 und darunter. Bei diesen Feingehalten zeigt sich beim Bestreichen der Strichflächen mit Probiersäure oft eine Entwicklung von Gasbläschen. Der Säureangriff ist erst beendet, wenn die Gasentwicklung aufgehört hat; mit dem Absaugen der Säure muss also bis zu diesem Moment zugewartet werden.
  1. Das in den meisten Goldlegierungen enthaltene Silber bildet mit dem in vielen Probiersteinen vorhandenen Chlor einen milchigweißen Niederschlag von Silberchlorid, der rasch eine bläuliche Farbe annimmt und die Lesbarkeit der Strichprobe erheblich stört. Silberchlorid ist aber in Ammoniak löslich. Es empfiehlt sich deshalb, die Striche nach dem Absaugen der Säure mit einer Ammoniaklösung aufzuhellen, die Säure erneut kurze Zeit einwirken zu lassen und dann wiederum mit Fließpapier aufzunehmen. Dadurch werden Feingehaltsunterschiede deutlich sichtbar (Abb.19).
  1. Zahngoldlegierungen enthalten meistens Platin als Beilegierungsmetall. Schon kleinste Platinmengen lassen den Feingehalt der Goldlegierung höher erscheinen als er tatsächlich ist.

Abb.19 Das Bild zeigt den Einfluss des Silberchlorids. Der linke Strich ist lediglich mit Säure für gold 18 Karat behandelt und zeigt den Silberchloridrückstand. Beim rechten Bild ist dieses Silberchlorid mit Ammoniak entfernt worden.

Die Strichprobe von Weißgoldlegierungen

Weißgoldlegierungen können im Allgemeinen nicht mit derselben Genauigkeit auf ihren Goldgehalt untersucht werden wie Farbgolde. Dies liegt hauptsächlich daran, dass Weißgolde in allen Feingehalten zwischen 0,333 – 0,916, ungeachtet ihrer oft sehr unterschiedlichen Zusammensetzung, nur wenig voneinander abweichende grau-weiße Farben besitzen (Abb.20-21). Die Wahl der entsprechenden Probiernadel ist dementsprechend auch schwierig, liefert doch die Farbe der Legierung praktisch keinen Anhaltspunkt über die Zusammensetzung. Außerdem werden Weißgoldlegierungen mit Platinmetallzusätzen von der entsprechenden Probiersäure viel weniger und bedeutend langsamer angegriffen als Weißgoldlegierungen auf Nickel-Zink-Basis. Der in vielen Weißgolden enthaltene Palladiumzusatz kann, sofern er nicht zu gering ist, an der Braunfärbung der Probiersäure erkannt werden.

Abb.20-21

20 Diese Weißgoldstriche unterschieden sich in der Farbe überhaupt nicht

21 Der Säureangriff zeigt, dass es sich um Legierungen mit stark unterschiedlichem Feingehalt handelt, hir 8, 9, 14 und 18 Karat.

6 Anmerkung zur Silberstrichprobe

Wie bereits erwähnt, werden zur Feingehaltsbestimmung von Silberlegierungen nur sehr selten und nur in speziellen Fällen Prüfsäuren verwendet. Die Kaliumdichromat-Lösung dient nicht nur zur Bestimmung des Gehaltes, sondern auch zum Nachweis des Silbers. Außerdem liefert sie bei Feingehalten unter 0,500 keine schlüssigen Resultate mehr.

Silberlegierungen sind manchmal vergoldet, vernickelt, verchromt oder mit einem farblosen Lack überzogen. Diese Überzüge müssen vorgängig der Strichprobe entfernt werden, da sie diese verfälschen oder sogar verunmöglichen.

Nachweis des Silbers

Zum Nachweis des Silbers bestreicht man die Strichfläche der zu untersuchenden Legierung mit der Kaliumdichromat-Lösung. Auf der benetzten fläche bildet sich bei Anwesenheit von Silber dunkel- bis hellrotes Silberchromat.
Silber kann aber auch mit der Probiersäure für Gold 650-800 nachgewiesen werden. Silber reagiert mit dem in der Säure enthaltenen Chlor und bildet einen milchigweißen Niederschlag, der unter Lichteinwirkung rasch eine bläuliche Farbe annimmt. Er ist Ammoniak löslich (Abb.22).

Abb.22-23

22 Der Silbernachweis auf dem Probierstein. Links ein mit Kaliumdichromat behandelter Strich. Deutlich ist der rote Silberchromatrückstand ersichtlich. Der rechte Strich ist mit Chlorid enthaltender 18-Karat-Probiersäure behandlet worden: es hat sich weißes Silberchlorid gebildet.

23 Hier sind verschiedenen Silber-Kupfer-Legierungen abgebildet, und zwar von links nach rechts: Silber 0,200, Silber 0,400, Silber 0,600, Silber 0,800 und Feinsilber.

Bestimmung des Feingehalts

Die Ermittlung des Feingehalts erfolgt durch Vergleichen der Farben der auf dem Probierstein aufgetragenen Legierungsstriche mit den daneben erzeugten Strichflächen der Probiernadeln.
Am besten lassen sich, dank ihrer differenzierten Färbung, die Gehalte von reinen Silber-Kupfer-Legierungen ermitteln. Mit steigendem Silbergehalt ändert sich die Farbe von rot über rosa, gelblich bis weiß (Abb.23).

Da dem Silber oft weitere Metalle beilegiert werden, haftet der Silberstrichprobe immer eine gewisse Unsicherheit und Ungenauigkeit an, da man den Legierungen den Beimisch der Fremdmetalle nicht ansieht, dieser Beimisch aber andererseits die Strichprobe durch Farbveränderungen optisch stark beeinflusst. So bewirken Platin, Palladium, Zink und Cadmium in Silberlegierungen, dass man nach der Farbe der Strichfläche auf einen höheren als den tatsächlichen Feingehalt schließt.

7 Unterscheidung von Platin, Weißgold, Palladium und Stahl

Zwar ist es ebenfalls möglich, den Feingehalt von Platinlegierungen mit der Strichprobe zu ermitteln. Auf deren Beschreibung wird hier aber verzichtet, weil sie mit hochkonzentriertem, heißen Königswasser (Gemisch aus Salz- und Salpetersäure) arbeitet und deshalb spezielle Einrichtungen voraussetzt. Zwar existiert auch eine kalte Platinprobiersäure auf Kaliumnitrat-Basis, die aber nur sehr langsam reagiert und rasch ihre Wirkung verliert.
Um Platin von Weißgold-Legierungen, Palladium und rostfreiem Stahl zu unterscheiden, betüpfelt man die Strichflächen, die auch von der Goldprobiersäure 0,650 – 0,800 nicht angegriffen wurde, mit der Unterscheidungssäure. Platin bleibt auch bei längerer Wartezeit hinweg frei von jedem Angriff, Weißgold und die meisten Palladiumlegierungen ergeben eine starke dunkelrote Färbung, während Stahl in der Regel weggelöst wird. Allerdings werden einige andere Unedelmetalle, z.B. Tantal, von der Strichsäure auch nicht angegriffen. Lediglich ein qualitativer, chemischer Metallnachweis bringt absolute Klarheit.
Die Unterscheidung lässt sich manchmal besser vornehmen, wenn man einen Tropfen der Unterscheidungssäure direkt auf den Gegenstand bringt.

8 Zusammenfassung

Dieser Artikel hat dem Leser Einsicht gegeben in ein Analyseverfahren für Gold, Silber und Platin (manchmal auch für andere Beilegierungsmetalle), das außerhalb der Schmuckindustrie wenig bekannt ist. Die Strichprobenmethode weist in den meisten Fällen eine genügende Genauigkeit auf. Sie ist schnell auszuführen und hat den Vorteil, dass dazu nur sehr wenig Material benötigt wird. Sie hat zweifellos als Untersuchungsmethode von edlen Metallen, speziell von Gold, ihren Stellenwert.